Schmuckscheibe in vielen Formen

Römische Schmuckscheibe, Ident. Nr. 30891

  • Datierung: Anfang 1. Jahrhundert n. Chr.
  • Fundort: Umgebung Rom (nördlich von Rom)
  • Material: Goldblech auf Silberunterlage, grüne Glaseinlage
  • Durchmesser: 3,7 cm
  • Aufbewahrungsort: Antikensammlung der Staatlichen Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz
© Foto: Antikensammlung der Staatlichen Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz
Fotograf/in: Johannes Laurentius

Die Schmuckscheibe stammt aus dem Anfang des 1. Jahrhunderts n. Chr. und wurde in dem Grab einer jungen Frau nördlich von Rom gefunden. Wie viele römische Schmuckscheiben dieser Zeit wurde auch sie aus Goldblech, auf eine Silberunterlage angebracht, gefertigt, da Gold nämlich eine sehr geringe Duktilität besitzt, sich also sehr einfach verformt. Bei genauerer Betrachtung sieht man Filigranarbeiten und Granulationen, die unser Schmuckstück zieren. Diese Filigranarbeiten und Granulationen bilden von außen nach innen fünf Ringe, die jeweils ein eigenes Muster besitzen. Schmuckscheiben mit solch genauen Mustern per Hand zu fertigen war keine leichte Arbeit, und hat die Goldschmiede damals oft Tage, manch mal Wochenlang beschäftigt! Ganz im Zentrum der Schmuckscheibe funkelt eine grüne Glaseinlage, die der Schmuckscheibe, bei richtigem Lichteinfall, einen ganz besonderen Glanz verlieh.

Goldblech
Link: Goldblech 585er 14k gelb 2mm stark 30x50mm – NES-Edelmetallshop (norddeutsche-edelmetall.de)

Stellen wir uns jetzt mal vor wir schließen unsere Augen und halten diese Schmuckscheibe in unseren Händen. Als erstes würde uns wahrscheinlich die kühle, metallene Oberfläche auffallen. Danach würden wir beginnen, den auf der Schmuckscheibe gezeichneten Mustern mit unserem Daumen nachzufahren. Mit dem äußersten beginnend werden die gezogenen Kreise immer enger und enger, bis wir auf etwas glattes, sich nicht mehr nach Metall anfühlendes stoßen. Dies ist die Glaseinlage, die sich im Zentrum der Schmuckscheibe befindet. Sie mag zwar kein Edelstein sein, aber auch gefärbtes Glas war in der Antike noch sehr selten und seine grüne Farbe scheint dort perfekt hinzupassen. Wir können nun auch versuchen, die Schmuckscheibe zu schmecken. Das Gold wird wohl so ziemlich gar keinen Geschmack haben, höchstens ein wenig metallisch(da Goldblech nicht aus 100% Gold besteht). Beim Silber an der Unterseite der Scheibe dagegen spüren wir einen leicht süßlich und säuerlichen Geschmack.

Allgemein lassen sich Schmuckscheiben sehr einfach definieren. Es handelt sich um eine kleine Scheibe, die nur einseitig geprägt ist. Das Material dagegen ist völlig egal. Ob Gold, Silber oder Holz, alles ist möglich. Die ersten Schmuckscheiben aus Schädeln sind bereits vor mehr als 5000 v. Chr. von Bauern der Linienbandkeramischen Kultur in Österreich getragen worden. Über die Epochen hinweg wurden Schmuckscheiben dann von vielen Völkern und Kulturen gefertigt. Das Material und der Stil änderten sich, die Grundsätze (nach der Definition) blieben aber gleich. Hier noch mal zum Vergleich: Eine Schmuckscheibe aus der Bronzezeit, Anfang 1. Jt. – frühes 1. Jt. v. Chr.

© Foto: Museum für Vor- und Frühgeschichte der Staatlichen Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz
Fotograf/in: C. Jahn

Selbst heutzutage werden Schmuckscheiben noch weiterhin hergestellt und verkauft. Ihre Preise hängen größtenteils vom Material ab und können von 4 Euro bei Filz bis zu 79 Euro bei Silber schwingen.

Schmuckscheiben hatten nicht nur viele Formen, sondern auch viele Funktionen. Sie konnten ein Kinderspielzeug sein, ein Schmuckstück an der Kleidung, ein Glücksbringer (z.B. bei Soldaten), ein Schutzzeichen gegen Böses, ein Zeichen des höheren Status oder eine Grabbeigabe. Getragen wurden sie in der Öffentlichkeit meist an der Kleidung oder bei Frauen auch im Haar, sonst wurden sie wohl zu Hause in z.B. Schatullen aufbewahrt. Die größten Vorteile der Schmuckscheibe waren, dass jeder sie fertigen oder erwerben konnte (selbst arme Leute konnten sich wahrscheinlich eine Schmuckscheibe aus Holz schnitzen) und dass sie aufgrund ihrer Größe leicht zu transportieren und zu handhaben gewesen sind.

Schmuckscheiben haben Menschen verschiedenster Kulturen im Verlauf der Geschichte begleitet. Sie mögen zwar nicht soviel Aufmerksamkeit auf sich gezogen haben, wie es zum Beispiel Statuetten oder große Tempel taten, doch haben sie schon seit über 7000 Jahren den Menschen im Alltag begleitet, manchmal seit der frühen Kindheit!

Literaturverzeichnis:

Geschichte des Schmucks | Juwelier Ebenhoch-Honner (juwelier-ebenhoch-honner.de)

A CULTURAL HISTORY
OF THE SENSES
VOLUME 1 Edited by Jerry Toner

Bradley, Mark: “Art and the Senses: The Artistry of Bodies, Stages and Cities in the Greco-Roman World” in Toner, Jerry (Hrsg.): A Cultural History of the Senses in Antiquity, 2016, S. 183-208.

Magazin „Augster Blätter zur Römerzeit 2“ mit dem Titel
„Schmuck und Tracht zur Römerzeit“, geschrieben von
Max und Stefanie Martin-Kilcher.

Dempsey, Karen / Jasperse, Jitske: “Multisensorial Musings on Miniature Matters” in Das Mittelalter. Perspektiven mediävistischer Forschung, Bd. 25, Nr. 2, 2020, S. 249-270.

Mack, John: The Art of Small Things, 2007.

Staatlichen Museen zu Berlin.

Xantener Berichte Band 7:
„Bestattungssitte und kulturelle Identität“
von Gundolf Precht.

Letzter zugriff für alle genannte Literatur: 07.02.2021