Vom vergessenen Pfauen der zum Leben erweckte.

Ein 3D Druck zaubert eine vervollständigte Kopie an

Lange Zeit geriet das Wissen um meinen alltäglichen Nutzwert in Vergessenheit. Bei meiner Größe von nur 2,7 cm und dem leider abgebrochenen Rest meines Nadelkörpers und auch in den zusammenhangslosen Ausstellungen im Bode-Museum, ging ich in meiner Kleinheit einfach unter. Seit dem 5./6. Jahrhundert, einer Zeit in der der Austausch von Symbolen im Byzantinischen Reich fruchtbar war, hat mein Wert, der durch meine Schönheit und Symbolsprache zum leben erweckt wird, abgenommen …Und das würde dem Bronzeschmied der mich herstellte gar nicht gefallen. Er gab mir mein einfaches, aber vollplastischen Pfauenaussehen, das erkennt man an meiner Bekrönung und dem gespreizten Schwänzchen, meine Füße blieben mir erspart, an dieser Stelle beginnt die Nadel. Glatt und glänzend, ohne Einfurchungen büße ich auf Grund meiner kleinen Größe nichts an organischer und lebendiger Form ein. Wieso ich so sehr glänze? Überraschung, meine Existenz wurde oft gewertschätzt, mein Nutzen alltäglich gebraucht, ritualisiert steckte man mich zuerst in den Mund zum Halten, anschließend in schönes Haar oder einen tollen Mantel, dabei piekste ich manchmal vielleicht meine Eigentümer*Innen, sie sprachen dann mit mir als sei ich gar eine von ihnen.

Als Pfauennadel hatte ich einen schönen Einfluss auf die, die mich trugen. Ich war ein Zeichen für Edelmut, eine Botin der Schönheit, aber vor Allem ein Symbol der Unvergänglichkeit. Dass ich überhaupt im Byzantinischen Reich zu finden war, hängt mit meiner Vergangenheit in der Antike zusammen wo meine Vogelsymbolik bereits in diesem Herrschaftsgebiet vorzufinden war. Die niedliche Kleinheit machte mich zum perfekten Objekt des Begehrens, versteckt und doch hervorblitzend liebten sie es mich zu tragen, sei es Soldat am Mantelschaft oder eine arbeitende Frau in ihrem Haar. Auch wenn meine schlichte Herstellungsweise dazu führte nicht bis in den höchsten Stand hineinzudringen, so erfuhr ich doch besonders familiäre Wertschätzung, im Sinne eines Erbstücks.

Und nun, ihr glaubt es kaum bekomme ich ein unendliches, belebtes Zwillingsgeschwisterchen. Was nicht alles möglich ist im 21. Jahrhundert? In einer seltsam vollen Stadt, in einem kleinen Hinterzimmerchen werkelt eine Person an meinem fehlendem Nadelkörper herum und rekreiert mich. Zwar aus einem ganz anderen Material und mein Herstellungsprozess beansprucht auch weniger Handfertigkeiten und Schweißperlen, doch mit liebevoller Hingabe bin ich nun im Körper meines Zwilings wiedergeboren, eine brauchbare, geschätzte und sinnlich erfahrbare Haar und Stoffnadel. Zusammen mit meinem alten Körper stehen wir für die Unsterblichkeit und der wertvollen sinnlichen Erfahrung des Pfauens.